Den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis 2017 erhält Karsten Danzmann. Foto: Körber-Stiftung/Friedrun Reinhold |
Den
mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis 2017 erhält Karsten Danzmann. Der
deutsche Physiker und sein Team entwickelten die Schlüsseltechnologien,
darunter hochpräzise Laser, mit denen Detektoren in Amerika 2015 erstmals
direkt Gravitationswellen nachweisen konnten. Damit haben Astronomen
buchstäblich ein neues Fenster zum Kosmos aufgestoßen, denn bislang konnten sie
das Weltall nur mit Hilfe elektromagnetischer Wellen erforschen –Licht, Radio-,
Röntgen- oder Gammastrahlung. »Nun hat uns die Schwerkraft gleichsam ihren
eigenen Boten geschickt – die Gravitationswellen«, sagt Danzmann. »Sie eröffnen
die Ära der Gravitationswellen-Astronomie, die bahnbrechend neue Erkenntnisse
verspricht, da 99 Prozent des Universums dunkel sind«. Mit den Mitteln des
Körber-Preises will Danzmann unter anderem die Lasertechnik für erdgestützte
Detektoren weiter verfeinern.
Karsten
Danzmann, 62, studierte Physik und promovierte 1980 an der Universität
Hannover. 1986 ging er an die amerikanische Stanford University, wo er bis 1989
als Physikprofessor wirkte. Von 1993 bis 2001 leitete er die Außenstelle
Hannover des Max-Planck-Instituts (MPI) für Quantenoptik. Seit 2002 ist er
Direktor des MPI für Gravitationsphysik. Parallel dazu lehrt er seit 1993 als
Professor an der Leibniz-Universität Hannover und leitet dort das Institut für
Gravitationsphysik.
Im Herbst
2015 gelang einem weltweiten Team von Physikern eine Sensation: In den
amerikanischen LIGO-Detektoren konnten sie erstmals direkt Gravitationswellen
nachweisen. Dass Gravitationswellen existieren, hatte Albert Einstein bereits
1916 theoretisch vorhergesagt. Gemäß seiner Relativitätstheorie entsteht
Schwerkraft dadurch, dass eine Masse die vierdimensionale Raumzeit krümmt.
Diese kann man sich als straff gespannte Gummimatte vorstellen. Legt man eine
schwere Kugel darauf, beult diese nach unten aus – die Raumzeit krümmt sich. Rollt
danach in der Nähe eine kleinere Kugel vorbei, so wird deren Bahn durch die
Delle der schweren Kugel abgelenkt. Diese Bahnabweichung ist die Wirkung der
Schwerkraft in der Raumzeit.
Direkt
nachweisen lassen sich Gravitationswellen mit Michelson-Interferometern. Diese
sind mit zwei sehr langen, rechtwinklig zueinander verlaufenden Messarmen
ausgestattet. Das Grundprinzip ist einfach: Läuft eine Gravitationswelle durch
den Detektor, wird einer der Arme gestaucht, der andere gedehnt. Diese
Längenveränderungen werden mit Lasern vermessen. Kompliziert ist die
Messtechnik, da diese extrem präzise sein muss: Die vier Kilometer langen
Messarme der LIGO-Detektoren schwanken in ihrer Länge lediglich um einige
Tausendstel des Durchmessers eines Wasserstoff-Atomkerns.
Die enorme
Messpräzision der LIGO-Laser ist das Hauptverdienst des Danzmann-Teams. In
Hannover betreiben die Forscher den Detektor GEO600, dessen Arme 600 Meter lang
sind. In diesem haben die Physiker die Laser und Messapparaturen in
jahrzehntelanger Arbeit auf höchste Präzision getrimmt. So sind etwa die
optischen Systeme als Pendel aufgehängt, um Erschütterungen abzufangen. Zur
Verstärkung werden sowohl der Laserstrahl als auch gemessene Signale im System
recycelt. Dies hat die Messempfindlichkeit nochmals verzehnfacht. Diese
zunächst für die Grundlagenforschung entwickelten Technologien werden
inzwischen auf vielen Feldern ganz praktisch eingesetzt, so zum Beispiel in
Erdvermessungssatelliten und in der Datenkommunikation.
Mit Hilfe
der Optimierungen Danzmanns konnten die amerikanischen Detektoren am 14.
September 2015 erstmals eine Gravitationswelle registrieren. Die Welle stammt
von zwei Schwarzen Löchern mit 29 und 36 Sonnenmassen, die 1,3 Milliarden
Lichtjahre von der Erde entfernt miteinander verschmolzen. Ein zweites Signal
im Dezember 2015 räumte Restzweifel aus, dass das erste ein Artefakt gewesen
sein könnte.
Ab 2034 will
die europäische Weltraumbehörde ESA sogar ein Michelson-Interferometer im All
stationieren. Drei Satelliten spannen Messarme mit einer Länge von 2,5
Millionen Kilometern auf. Dieser LISA-Detektor, dessen Grundkonzept ebenfalls
vom Danzmann-Team stammt, ist besonders empfindlich für
Gravitationswellen ultramassiver Schwarzer Löcher in Zentren von Galaxien.
Der
Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2017 wird Karsten Danzmann am 7. September im Großen Festsaal des Hamburger
Rathauses überreicht.
Der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft
zeichnet seit 1985 jedes Jahr einen wichtigen Durchbruch in den Physical oder den
Life Sciences in Europa aus. Prämiert werden exzellente und innovative
Forschungsansätze mit hohem Anwendungspotenzial. Mit einer Preissumme von
750.000 Euro gehört er zu den weltweit höchstdotierten Preisen. Nach der
Auszeichnung mit dem Körber-Preis erhielten bereits sechs Preisträgerinnen und
Preisträger den Nobelpreis.
Informationen zum Thema:
Körber-Stiftung
Matthias Mayer
Telefon +49 40 80 81 92-142
E-Mail: mayer@koerber-stiftung.de
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Matthias Mayer
Telefon +49 40 80 81 92-142
E-Mail: mayer@koerber-stiftung.de